19. Dezember 2024
Traumatologische Notfälle
Die meisten Verletzungen bei Kindern betreffen isoliert eine Extremität. Dabei sind die gleichen Grundregeln wie beim Erwachsenen anzuwenden, eine ausreichende Analgesie durchzuführen und die Verletzung sollte schonend stabilisiert werden.
Von der Verabreichung eines Zäpfchens ist in einer Akutsituation keine rasche und zufriedenstellende Wirkung zu erwarten. Gut geeignet ist zum Beispiel die Gabe von Opioiden, beispielsweise Fentanyl, über einen nasalen Zerstäuber [1].
Bei Kindern mit einem besonders hohen Risiko für eine Atemdepression durch Opioide (z. B. bei Muskelschwäche, schwerwiegenden neurologischen Grunderkrankungen, Obstruktion oder Dysmorphie der oberen Atemwege oder Nierenfunktionseinschränkungen) muss die Dosierung sehr vorsichtig erfolgen und gut überwacht werden. Denn ohne adäquate Unterstützung oder Ersatz der Atmung oder Sicherung des Atemweges können Komplikationen bis hin zu Todesfällen oder schwersten Behinderungen auftreten. Daher rät die S2k-Leitlinine zur Medikamentensicherheit bei Kindernotfällen [4] „ … wenn die Voraussetzungen einer Gewährleistung der Überwachung und zum Beherrschen der Komplikationen nicht erfüllbar sind, soll eine medikamentöse Sedierung und Analgesie überdacht werden und möglicherweise erst nach der Übernahme durch erfahrenere Strukturen erfolgen.“
Schwerwiegende intrakranielle Verletzungen ohne äußerliche Anzeichen möglich
Aufgrund der Körperproportionen und der knöchernen Entwicklungen haben jedoch bis zu 90 % der Kinder mit schwerwiegenden Verletzungen zusätzlich ein Schädelhirntrauma, wobei Thorax und Abdomen seltener betroffen sind als bei Erwachsenen. Bemerkenswert ist, dass bei Kindern regelhaft schwerwiegende intrakranielle Verletzungen vorliegen können, ohne dass äußerliche Anzeichen wie Prellmarken oder auffällige neurologische Befunde vorhanden sind. Daher sollte im Falle eines schwerwiegenden Traumas eine Bildgebung des Neurokraniums erfolgen, idealerweise in einer Kinderradiologie.
Bei offener Fontanelle bietet der Ultraschall eine schnelle, strahlungsfreie Untersuchung. Bei anderen allen Kindern mit einem Wert unter 12 auf der pädiatrisch modifizierten Glasgow-Coma-Scale sollte ein Computertomogramm (CT) oder ein Magnetresonanztomogramm (MRT) durchgeführt werden.
Während knöcherne Verletzungen im CT besser sichtbar sind, lassen sich Hirnstammverletzungen und Blutungen besser durch ein MRT darstellen.
Eine besondere Form der Verletzung am Kopf, die es beim Erwachsenen nicht mehr gibt, ist das subgaleale Hämatom. Dabei handelt es sich um eine Blutung zwischen Kopfschwarte und Kalotte, die sich um den gesamten Kopf ausbreiten kann. Dies kann zu einem lebensbedrohlichen Blutverlust führen, der erkannt und gegebenenfalls durch Transfusion ausgeglichen werden muss. Eine äußere Kompression ist nicht sinnvoll und bei offenen Fontanellen obsolet.
Dessen Überprüfung sollte in das Untersuchungsschema einfließen, das ansonsten vergleichbar mit dem eines Erwachsenen ist. Beckenfrakturen mit erheblichem Blutverlust treten bei Kleinkindern hingegen nicht auf.
Literatur:
- Borland M, et al. A randomized controlled trial comparing intranasal fentanyl to intravenous morphine for managing acute pain in children in the emergency department. Ann Emerg Med 2007;3 (49):335-40
- Kaufmann J, et al. Development and Prospective Federal State-Wide Evaluation of a Device for Height-Based Dose Recommendations in Prehospital Pediatric Emergencies: A Simple Tool to Prevent Most Severe Drug Errors. Prehosp Emerg Care 2018;2 (22):252-259
- Kaufmann J, et al. Improving Pediatric Drug Safety in Prehospital Emergency Care-10 Years on. J Patient Saf 2021;8 (17):e1241-e1246
- Kaufmann J, et al. S2k-Leitlinie 001/033 „Medikamentensicherheit in der Kinderanästhesie“. AWMF.org 2021;
- Kaufmann J. Versorgung des kindlichen Polytraumas. Anaesth Intensivmed 2010;(51):612-614